7-8/2024 7-8/2024

Leserbrief

zum Artikel "Hyaluronsäure bei Kniearthrose – sinnvolle IGeL oder Placebo?" (KVH-Journal 6/2024)

Wir alle wissen natürlich, dass Grad-I-Arthrosen nicht durch Hyaluronsäure therapiebedürftig sind und die i.a. Hyaluronsäure-Instillation bei Grad IV-Arthrosen nicht mehr hinreichend wirksam sein kann. Deshalb wäre eine Information wichtig, die im Artikel fehlt: Wurden in den zitierten Studien lediglich die Patienten bzw. Behandlungsfälle randomisiert oder auch die zugehörigen Arthrosestadien? Welche Stadien (I-IV) wurden überhaupt behandelt? Ohne Gleichverteilung der Arthrosestadien auf die Studien- und Referenzgruppen (Hyaluronsäure-/Placebogruppe) besäßen die herangezogenen Untersuchungen kaum Aussagekraft.
Nach Durchsicht der zitierten Literatur ist hier meines Erachtens zusammenfassend allenfalls die Aussage möglich, dass bislang weder für noch gegen die Wirksamkeit von Hyaluronsäure zur Behandlung der Kniegelenkarthrose ein hinreichendes Evidenzlevel besteht.

Prof. Dr. A. Katzer, Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie in Hamburg-Schnelsen

Antwort der Autoren

Wir danken Prof. Katzer für seine Rückfrage zur EbM-Kolumne. Im Sinne der Indikationsqualität ist der Wunsch nach Informationen zum Krankheitsstadium der in die Studien einbezogenen Patientinnen und Patienten nachvollziehbar.
In ihrer ersten Metaanalyse aus 2012 berichtet die Autorengruppe, dass im Median 44 % eine Grad-II-Arthrose und 39 % eine Grad III-Arthrose aufwiesen.(1)
Eine Einschränkung der aktualisierten Metaanalyse aus 2022 ist, dass die Arthrose-Grade weder auf Ebene der Einschlusskriterien noch der in die Studien eingeschlossenen Patientinnen und Patienten dargelegt werden.(2) Sie sind aber aus den zugrundeliegenden Primärstudien entnehmbar. Bei Sichtung dieser zeigt sich im Median, dass 52 % der Patientinnen und Patienten eine Grad II und 41 % eine Grad III Arthrose hatten (eigene Berechnung).
Diese Angaben gelten exemplarisch für die seit der ersten Metaanalyse ergänzten Studien in der Primäranalyse zu Schmerzen. Zwei dieser Studien machten im Studienbericht keine Angabe zur Verteilung der Grade, schlossen aber nur Patientinnen und Patienten mit Grad II und III ein.(3,4)
Patienten mit Grad IV-Arthrosen nahmen an den Studien nicht teil und wurden meist bereits durch die Ein- und Ausschlusskriterien herausgefiltert. Die Ergebnisse gelten also insbesondere für die Arthrose-Grade II und III.
Was die Verteilung der Arthrose-Grade auf die Studienarme anbelangt, gibt es methodisch keine Bedenken. Durch die Randomisierung kann man davon ausgehen, dass sie gleichmäßig auf die Studienarme verteilt sind – insbesondere in Anbetracht der großen Zahl der randomisierten Patientinnen und Patienten. Auch die Verteilung der Patientinnen und Patienten auf die Studienarme lässt sich anhand der Primärstudien nachvollziehen und zeigt – wie zu erwarten ist – eine annähernde Gleichverteilung.

Roland Büchter, Prof. Dr. Dawid Pieper

1) Rutjes AW, Jüni P, da Costa BR, Trelle S, Nüesch E, Reichenbach S. Viscosupplementation for osteoarthritis of the knee: a systematic review and meta-analysis. Ann Intern Med. 2012;157(3):180-191.

2) Pereira TV, Jüni P, Saadat P, Xing D, Yao L, Bobos P, Agarwal A, Hincapié CA, da Costa BR. Viscosupplementation for knee osteoarthritis: systematic review and meta-analysis. BMJ. 2022;378:e069722.

3) Fidia Farmaceutici s.p.a. (2014). Hymovis™ Versus Placebo in Knee Osteoarthritis (Hymovis). ClinicalTrials.gov identifier: NCT01372475. Updated April 20, 2014. Accessed June 9, 2024. https://clinicaltrials.gov/ct2/show/NCT01372475

4) Ferring Pharmaceuticals. (2012). Investigation of 1.2% Sodium Hyaluronate for Treatment of Painful Chronic Osteoarthritis of the Knee. ClinicalTrials.gov identifier: NCT00988091. Updated June 15, 2012. Accessed June 9, 2024. https://clinicaltrials.gov/study/NCT00988091