7-8/2023 7-8/2023

Neuer Partner und digitale Modernisierung

Von André Volk

Die KV Hamburg reformiert den fahrenden Notfalldienst

Anfang Juli 2023 wechselt die KV Hamburg ihren Dienstleister im fahrenden Notfalldienst. Für die Ärztinnen und Ärzte wird sich dadurch nicht viel ändern: Sie werden weiterhin von medizinischem Fachpersonal abgeholt. Die neuen Einsatzfahrzeuge sind wieder von VW, allerdings wird das Grundmodell künftig ein T-Roc sein. Die medizinische Bord-Ausstattung mit Rucksack und Infektionskiste bleibt gleich. Allerdings wurde die digitale Kommunikation modernisiert.

Der Vertrag mit unserem bisherigen Dienstleister Falck lief Ende Juni aus, wir mussten uns nach einem neuen Partner umsehen. Im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung erhielt die WISAG den Zuschlag – ein Unternehmen, das vor allem für Sicherheitsdienstleistungen und Facility Management bekannt ist, aber mittlerweile sehr viel breiter aufgestellt ist. Auch Medizintechnik, Betriebssanitätsdienst und (seit kurzem) Krankentransport gehören zum Tätigkeitsfeld.

Gegen andere Bewerber hat sich die WISAG mit einem kundenorientierten Konzept durchgesetzt. Ein wichtiges Thema war die verlässliche Abholung der Ärztinnen und Ärzte. Dafür wird routinemäßig mehr Vorlauf eingeplant.

Außerdem wurde eine flexible Pausenregelung vereinbart: Die Fahrer müssen für die Pause nicht zur Wache zurückkehren. Sie können also beispielsweise eine Tankstelle anfahren, die gerade in der Nähe ist. Und die Pausen müssen nicht am Stück genommen werden. Wenn die Ärztinnen oder Ärzte zu einem Patienten in die Wohnung gehen, können die Fahrer im Wagen bleiben und in dieser Zeit einen Teil ihrer Pausenzeit nehmen.

Die Möglichkeit, mehrere kurze und standortungebundene Pausen einzulegen, macht die Abläufe einfacher.

Bei den Fahrerinnen und Fahrern handelt es sich um Personal mit einer medizinischen Ausbildung. Zum Start werden wir eine Quote von 90 Prozent Rettungssanitätern und 10 Prozent Rettungshelfern haben. Die WISAG hat dieses Team schon vollständig aufgebaut.

Die Fahrer unterstützen die Ärztinnen und Ärzte im Einsatz, haben aber nichts mit der Vollständigkeit des medizinischen Materials oder der Sauberkeit des Fahrzeugs zu tun. Dafür hat WISAG eine eigene Logistik aufgebaut. Der Fahrer kommt zum Dienst, erhält ein voll ausgestattetes und einsatzbereites Fahrzeug, prüft kurz, ob alles OK ist. Er fährt los, holt den Arzt ab und stellt das Auto nach der Schicht wieder ab. Um die Reinigung und Betankung des Einsatzfahrzeugs oder um das Auffüllen des Rucksacks und des anderen medizinischen Materials kümmern sich andere Mitarbeiter.

Zur Pünktlichkeit der Arzt-Abholung und zur Sauberkeit des Fahrzeugs geben die Ärztinnen und Ärzte über die neue KVH-App nach der Schicht eine Rückmeldung (zur KVH-App siehe: KVH-Journal 6/2023). Werden die Qualitätskriterien nicht eingehalten, können dem neuen Dienstleister die Mittel gekürzt werden.

Die Ärztinnen und Ärzte haben weiterhin die Möglichkeit, sich zu Hause, an der Praxis oder an einem anderen Ort in der Nähe des Dienstbereichs abholen zu lassen. Sie können aber auch zur Wache fahren, um ihren Dienst dort zu beginnen. Die Wachen befinden sich künftig an anderen Orten als zuvor – doch sie werden jeweils zentral in den Bezirken liegen und gut erreichbar sein. Es wird dort wie gewohnt Parkplätze, Aufenthaltsräume und Sanitäreinrichtungen geben.

Die digitale Ausstattung an Bord der Fahrzeuge wurde auf den neu­sten Stand gebracht, weil wir moderner werden wollten – und mussten. Die in den bisherigen Fahrzeugen verbauten Computer arbeiteten mit Betriebssystemen, die nicht mehr für mobile Geräte aktualisiert werden konnten.

Die neuen Fahrzeuge sind mit einem Tablet und einem Handy ausgestattet. Die speziell auf die Bedürfnisse des fahrenden Notfalldienstes abgestimmte Software ist mit der KVH-App verbunden. Wenn die Ärztinnen und Ärzte wollen, können sie die App auch auf ihren eigenen Geräten nutzen. Die Modernisierung der Kommunikation ist für uns ein großer und wichtiger Schritt. Sie ermöglicht die digitale Datenerfassung und Abrechnung. Das planen wir spätestens zum Jahreswechsel umzusetzen.

Der Notdienstausschuss und die Vertreterversammlung haben beschlossen, die Einsatzzentrale und die Disposition wieder vollständig (das heißt: rund um die Uhr) ins Ärztehaus zu holen.

Der KV ist es gelungen, Personen mit Dispositionserfahrung einzustellen, sodass wir die Expertise für diese Aufgaben von Beginn der Umstellung an im Haus haben. Das Personal für die Leitstelle ist entsprechend aufgestockt worden.

Am Einsatz des Programms SmED (strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland) ändert sich nichts. Wir haben diese Art der computergestützten Ersteinschätzung im Juli vergangenen Jahres eingeführt und gute Erfahrungen damit gemacht.

Auch bei der Zusammenarbeit mit der Feuerwehr wollen wir digitaler werden. Wenn möglich soll die Weiterleitung von Notfällen nicht per Telefon, sondern digital als Datei mit allen von uns aufgenommenen Einsatzdaten vonstattengehen.

Der fahrende Notdienst ist eine bei den KV-Mitgliedern beliebte Tätigkeit. Alle Bezirke bis auf den Süderelbe-Bereich haben ausreichend Teilnehmer.

Wir werden alles daransetzen, dass der Umstieg auf die neue Organisationsstruktur gut gelingt und die Dienste attraktiv bleiben. Für die neue App hat die KV bisher auf den Schulungsveranstaltungen nur positives Feedback bekommen. Wir sind gespannt auf den organisatorischen Neustart und freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der WISAG.

ANDRÉ VOLK
ist Leiter der Abteilung Patientenservice 116117 der KV Hamburg