Telematik: Wie kann Vertrauen wiederaufgebaut werden?
Von Caroline Roos
Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten stehen der Digitalisierung überaus aufgeschlossen gegenüber – wenn sie den Arbeitsalltag erleichtert, Bürokratie abbaut, ihren Patienten nutzt und funktioniert.
In den letzten Jahren wurden jedoch gut funktionierende analoge Prozesse in den Praxen durch digitalisierte Formulare ersetzt, ohne die Prozesse konsequent zu durchdenken. Dabei herausgekommen ist eine irrsinnige Digital-Bürokratie, die die ärztliche und psychotherapeutische Zeit für Patientinnen und Patienten fahrlässig schrumpfen lässt. Das können wir uns als Gesundheitssystem und als Gesellschaft nicht leisten.
Hinzu kommt, dass die digitalen Formulare wie zum Beispiel die eAU oder das eRezept in einer inakzeptabel instabilen Telematikinfrastruktur ausgestellt und elektronisch unterschrieben werden müssen. Das jüngst veröffentlichte „Praxis-Barometer Digitalisierung“ der KBV zeichnet ein verheerendes Bild: Bei 29 Prozent der Praxen tritt täglich ein Fehler bei der Nutzung der Telematik auf.
Darüber hinaus nimmt der Signier- und Versandvorgang mit ca. 30 Sekunden noch zu viel Zeit in Anspruch.
Die Digitalisierung wird nur unter Einbindung der Ärzte- und Psychotherapeutenschaft gelingen. Dazu ist unerlässlich, dass das bestehende System auf Grundlage der bisherigen Erfahrungen optimiert wird – und neue Anwendungen erst dann im großen Stil eingeführt werden, wenn sie durch intensives Testen und Nachbessern praxistauglich gemacht worden sind und verlässlich laufen.
Politik und Gematik müssen das zerrüttete Vertrauen der Ärztinnen und Ärzte und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten mit nachhaltigen und Nutzen stiftenden Lösungen für Behandler und Patienten neu aufbauen.
Damit die Digitalisierung einen echten Nutzen in der Versorgung entfalten kann, darf sie nicht nur für die Digital-Affinen oder Digital Natives chic sein, sondern sie muss auch für jene Patientinnen und Patienten nutzbar werden, die am meisten davon profitieren könnten: zum Beispiel schwer kranke Menschen oder Personen in Pflegeheimen. Wenn das funktioniert, braucht man sich um die Akzeptanz der Digitalisierung im Gesundheitswesen keine Sorgen mehr zu machen.
Caroline Roos, stellvertretende Vorsitzende der KV Hamburg