12/2022 12/2022

Statements zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz

Nachgefragt

Wir brauchen die Entbudgetierung!

Derzeit sieht es für die hausärztlichen Praxen in Hamburg ziemlich düster aus: Die Budgetierung mit einer Auszahlungsquote von unter 80 Prozent und Inflationsraten von 10 Prozent bei angekündigten Nullrunden der Krankenkassen bereiten uns große Sorgen. Dazu kommen jetzt auch noch Honorareinbußen durch den Wegfall der Neupatientenregelung. Der Zuschlag für die Terminvermittlung an fachärztliche Praxen ist lächerlich gering.

Unsere Strategie konzentriert sich auf zwei Aspekte. Erstens: Wir werden mit allem Nachdruck die Entbudgetierung der Honorare im hausärztlichen Bereich einfordern. Sollte eine volle Honorierung auf Bundesebene nicht umsetzbar sein, müssen wir eine regionale Regelung für Hamburg finden.
Zweitens: Wir werden noch stärker den Ausbau der Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) vorantreiben. Ohne die HZV als drittes Standbein werden die Hausarztpraxen bald nicht mehr wirtschaftlich zu führen sein.

Durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz soll der Zuschlag für die Terminvermittlung an fachärztliche Praxen auf 15 Euro angehoben werden. Für dieses Geld wird keine Hausärzt:in oder MFA zum Hörer greifen, um fachärztliche Praxen abzutelefonieren. Aussicht auf Erfolg hätte das Modell nur, wenn es schnelle und einfache Vermittlungswege gäbe. Die Radiologische Allianz hat eine Online-Plattform zur Terminbuchung entwickelt. Ansonsten sind mir bisher keine fachärztlichen Kolleg:innen bekannt, die ein solches Angebot umgesetzt hätten.

Willkürlich und konzeptlos

Die Abschaffung der Neupatientenregelung sollte für uns ein Weckruf sein. Selten zuvor wurde so deutlich erkennbar, wie geringschätzend die Gesundheitspolitik mit den Niedergelassenen umgeht. Während andere Gesellschaftsbereiche Zusagen für finanzielle Unterstützung erhalten, wird den Praxen in dieser Krise Geld entzogen. Das lässt für die Zukunft nichts Gutes ahnen. Im Zuge des demographischen Wandels türmt sich vor uns eine immense Morbidität auf. Wie kann das Gesundheitssystem angesichts dieser Herausforderung seriös finanziert werden? Dem Bundesgesundheitsminister fällt nichts Besseres ein, als jene zu belasten, die das Gesundheitssystem tragen und die Arbeit leisten. Dieser konzeptlosen Politik müssen wir uns entschieden widersetzen.

Vertrauen in die Politik ist erschüttert

Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz wird sich nur geringfügig auf die Honorare der psychotherapeutisch tätigen Niedergelassenen auswirken. Wir haben aufgrund zeitgebundener und nicht delegierbarer Leistungen vergleichsweise niedrigere Fallzahlen und entsprechend weniger Neupatienten. Aber auch wir sind von der Abschaffung der Neupatientenregelung betroffen: durch die offensichtlich gewordene Unzuverlässigkeit im Umgang mit den Niedergelassenen. Die (auch von Karl Lauterbach selbst damals vorgetragene) Argumentation für die Einführung der Neupatientenregelung war ja angemessen und stichhaltig: Es ist mehr Aufwand, Neupatienten aufzunehmen, deshalb sollten diese Leistungen besser vergütet werden. Diese Regelung nun aufgrund kurzfristiger Sparbestrebungen wieder zu streichen, erschüttert das Vertrauen aller Niedergelassenen in die Gesundheitspolitik.