Leserbrief
KVH-Journal Nr. 10/2024: „Kolumne „F“ von Dr. Christine Löber
Seelischer Stress unter Ärzt:innen stark verbreitet
Sehr geehrte Frau Löber,
danke für Ihren gelungenen Artikel zum Thema der psychischen Belastung bei uns Ärzt:innen. Das haben Sie verdammt gut in ihrer direkten Sprache dargestellt finde ich.
Leider ist dieses Thema weiterhin sehr aktuell, wenn man die hohe Suizidrate vor allem bei Ärzt:innen und Zahnärzt:innen zur Kenntnis nimmt. Und auch in unserer Bevölkerung sind über 10.000 Suizide im vergangenen Jahr erschreckend viele.
Die Bedingungen dafür, dass gerade auch unter uns Ärzt:innen seelischer Stress durchweg stark verbreitet ist, haben Sie gut erfasst: Hoher Arbeitsdruck, hohe Erwartungen an die ärztliche Leistung, die sowohl von außen als auch von innen kommen, und last not least auch unsere spezifische Arztpersönlichkeit.
Dazu kommt in den vergangenen Jahren eine abnehmende Bereitschaft, ärztliche Kompetenz und Autorität anzuerkennen und entsprechend zu gratifizieren. Siehe hierzu die jetzt seit länger als einem Vierteljahrhundert laufende Honorarbudgetierung bei den niedergelassenen Haus- und Fachärzten.
In Großbritannien führte der Suizid eines bekannten Kardiologen zur Gründung einer Stiftung mit dem Namen "Doctors in Distress". Diese bietet über ihr Internetportal mehrere Hiflsangebote für Mitarbeiter:innen des Gesundheitswesens an, meist als Online-Gruppen. Die Stiftung glaubt an die "power of talking". Daran haben wohl auch Sie gedacht, als Sie in ihrer Kolumne fragten: "Wie soll man das erklären, was das für Zustände sind ..."
Keine Frage, dass eine solche Stiftung wie in Großbritanien auch in Hamburg bzw. in der Bundesrepublik hilfreich wäre als anonyme Hilfs- und Anlaufstelle für Stress-Betroffene in unserer Berufsgruppe.
Dr. Guntram Hinz, Neurologe und Psychiater in Poppenbüttel