Anpassungen der Wirkstoffvereinbarung für 2023
Arzneimittel
Aufgrund des sich ständig ändernden Marktes für Arzneimittel (z.B. durch Neuzulassungen, Ablauf von Patenten oder geänderte Leitlinienempfehlungen) sind jährliche Anpassungen der Wirkstoffvereinbarung notwendig. Auf folgende Änderungen haben Kassen und KV sich geeinigt.
RÜCKWIRKENDE ABSENKUNG DER ZIELQUOTE FÜR MS-THERAPEUTIKA FÜR DAS JAHR 2022
Die kontinuierliche Analyse des Verordnungsgeschehens, der Marktentwicklung und der medizinischen Erkenntnisse hat ergeben, dass eine Anpassung des MS-Ziels notwendig ist. Für das Leitsubstanzziel der MS Therapeutika werden daher die Zielquoten rückwirkend für 2022 (hamburgweit/Fachgruppe Neurologen) auf den Ist-Wert von 64% abgesenkt.
ANPASSUNGEN, DIE 2023 WIRKSAM WERDEN
1. Anpassungen von Zielquoten an aktuelle Durchschnittswerte
► Antikoagulantien
Die Zielquoten (sowohl für die Vergleichsgruppen als auch der hamburgweite Wert) für das Leitsubstanzziel Antikoagulantien („Phenprocoumonquote“) werden auf die jeweiligen Istquoten (hamburgweit 11,7%, Kardiologen 5,2%) abgesenkt.
► Therapie der ADHS
Die Zielquoten für dieses Ziel werden auf den Durchschnittswert abgesenkt (hamburgweiter Wert 73,1%, KJP 73,1%).
2. Inhaltliche Anpassung von Zielen und Zielquoten
► MS Therapeutika
Für 2023 wird das MS-Ziel neugestaltet. Die Wirkstoffe der Wirksamkeitskategorie 1* Dimethylfumarat (Tecfidera®), Glatirameracetat (Copaxone®) und Teriflunomid (Aubadgio®) bleiben weiterhin Leitsubstanz. Die ebenfalls zur Kategorie 1 zählenden Interferone werden aufgrund der höheren Kosten im Vergleich zu den o.g. Wirkstoffen nicht mehr der Gruppe der Leitsubstanzen zugeordnet.
Um weiterhin unabhängige medizinische Entscheidungen zu ermöglichen und gleichzeitig Rabattverträge zu fördern, werden ab 2023 (wieder) alle rabattierten Arzneimittel der Nicht-Leitsubstanzen positiv gewertet und dienen damit der Zielerreichung. Wichtig ist, dabei zu wissen: Die Verordnungen aller Interferone sind (Stand 2022) bereits zu mehr als 90% rabattiert! Für die angepassten Leitsubstanzen wird für die Vergleichsgruppe der Neurologen auf Basis der aktuellen Durchschnittswerte eine neue Mindestquote (78,8%) vereinbart.
Zu den Nicht-Leitsubstanzen zählen 2023: Alemtuzumab (Lemtrada®), Betainterferon-1a (Avonex®, Rebif®) Betainterferon-1b (Betaferon®), Cladribin (Mavenclad), Fingolimod (Gilenya®), Natalizumab (Tysabri®), Ocrelizumab (Ocrevus®), Ofatumumab (Kesimpta®), Ozanimod (Zeposia®), Peginterferon-beta-1a (Plegridy®), Ponesimod (Ponvory®) Siponimod (Mayzent®).
► Antidiabetika
Das bisherige Generikaziel für die Antidiabetika wird in ein Leitsubstanzziel in Anlehnung an die Empfehlungen zur Wirkstoffauswahl der Nationalen Versorgungsleitlinie umgeformt. Als Leitsubstanzen zählen die Wirkstoffe Metformin (Monopräparate) und die SGLT2 Inhibitoren Dapagliflozin (Mono und Kombipräparat mit Metformin) und Empagliflozin. Rabattierte Arzneimittel der Nicht-Leitsubstanzen (Sulfonylharnstoffe wie z.B. Glimepirid und DPP4 Hemmer wie z.B. Sitagliptin) zählen positiv und dienen ebenfalls der Zielerreichung.
Die Mindestquoten für die Leitsubstanzen wurden auf Basis der aktuellen Durchschnittswerte (Istquoten) festgelegt (hamburgweiter Wert 75,1%, HÄ 78,4% und Diabetologen 70,6%)
3. Neue Leitsubstanzziele für Arzneimittel zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen und für Arzneimittel zur Behandlung der chronischen Darmerkrankungen
► Arzneimittel zur Behandlung von rheumatischen Erkrankungen (Rheumatoide Arthritis, Psoriasis Arthritis, Spondyloarthritis)
In dieses Ziel fallen die konventionellen synthetischen DMARDS (csDMARDS wie Methotrexat, Leflunomid, Hydroxychloroquin und Sulfasalazin), die Kortikoide sowie die Wirkstoffe der biologischen DMARDS (TNF alpha Blocker wie Adalimumab, Etanercept, Infliximab, Certolizumabpegol und Golimumab, und weitere Biologika wie z.B. Rituximab, Ixekizumab, Sarilumab, Secukinumab, Tocilizumab und Ustekinumab). Auch die zielgerichteten synthetischen DMARDS (tsDMARDS) wie Baricitinib, Filgotinib, Tofacitinib und Upadacitinib werden durch dieses Ziel erfasst.
Vereinbart wurde eine Mindest- Zielquote für die festgelegten Leitsubstanzen (90%). Hierzu zählen die konventionellen synthetischen DMARDS, Kortikoide, Adalimimab, Etanercept und Infliximab. Diese Zielquote gilt nur für die Fachgruppe der Rheumatologen (VG 199), da hier die Einstellung der Patienten mit rheumatischen Erkrankungen mit diesen Arzneimitteln erfolgt. Die Zielquote wurde auf Basis des aktuellen Fachgruppendurchschnitts (Basis 1.- 3. Quartal 2022) für diese Wirkstoffe vereinbart.
Alle rabattierten Arzneimittel der Nicht-Leitsubstanzen dienen ebenfalls der Zielerreichung. Für viele Präparate der Nicht-Leitsubstanzen (z.B. Rinvoq, Jyseleca oder Olumiant) liegen flächig Rabattverträge vor. Bei der Gesamtsaldierung aller Ziele werden bei diesem Ziel nur die Verordnungen bzw. die Zielerreichung der Rheumatologen berücksichtigt.
► Arzneimittel zur Behandlung der Chronischen Darmerkrankungen (Colitis ulcerosa, Morbus Crohn)
In dieses Ziel fallen Mesalazin, Sulfasalazin und Methotrexat sowie Kortikoide, Azathioprin, die TNF alpha Blocker Adalimumab, Golimumab und Infliximab, die JAK Inhibitoren Tofacitinib, Filgotinib und das jetzt aktuell für die Colitis ulzerosa zugelassene Upadacitinib, Ozanimod, Ustekinumab, Risankizumab und Vedolizumab.
Als Leitsubstanz wurden neben dem zur Standardtherapie eingesetzten Mesalazin, Sulfasalazin, Methotrexat auch Kortikoide, Azathioprin und die TNF alpha Blocker Adalimumab und Infliximab festgelegt. Diese Zielquote wurde nur für die Fachgruppe der Gastroenterologen auf Basis des aktuellen Fachgruppendurchschnitts vereinbart (95%).
Auch hier werden alle rabattierten Präparate der Nicht-Leitsubstanzen positiv gewertet und dienen der Zielerreichung. Die Abdeckung mit Rabattverträgen für fast alle Nicht-Leitsubstanzen beträgt im Schnitt mindestens 80%. Bei der Gesamtsaldierung aller Ziele fließen bei diesem Ziel nur die Verordnungen und die Zielerreichung der Gastroenterologen ein.
4. Stellenwert von Biosimilars, insbesondere bei den TNF Alpha Blocker
Im Kontext der neuen Leitsubstanzziele macht das bisherige Biosimilarziel für die TNF alpha Blocker nur noch wenig Sinn und wird für 2023 nicht mehr vereinbart. In beiden neuen Zielen dienen nunmehr bei den biosimilar verfügbaren TNF alpha Blocker sowohl das Original (flächig rabattiert) als auch die Biosimilars der Zielerreichung. Wir empfehlen aber trotzdem die Verordnung der Biosimilars, da nach wie vor Preisunterschiede bestehen (Original und Biosimilar), die nur durch Rabattverträge kompensiert werden.
5. Neuregelung zu den Bundesweiten Praxisbesonderheiten im Rahmen der WSV
Bisher wurden alle Arzneimittel, die von den Herstellern und den Kassen als Bundesweite Praxisbesonderheiten vereinbart wurden, aus den Zielen der WSV herausgerechnet. Ausnahmen von diesem Grundsatz bestehen nun ab 2023 in folgenden Fällen:
1. Im Ziel Antidiabetika (WSV Ziel Nr. 3) werden alle Arzneimittel (ATC Code: A10B) berücksichtigt. Hierzu zählt z.B. auch das bisher nicht berücksichtigte Empagliflozin (Leitsubstanz!).
2. In den neuen Indikationszielen für die Arzneimittel zur Behandlung von „Rheuma“ und chronischen Darmerkrankungen werden alle, in der Wirkstoffvereinbarung zu diesen Zielen genannten Präparate (die für die entsprechenden Indikationen zugelassen sind) berücksichtigt. Hierzu zählen auch folgende als Bundesweite Praxisbesonderheiten vereinbarte Präparate wie Taltz (Ixekizumab), Tremfya (Guselkumab), Skrizi™(Risankizumab), Cosentyx (Secukinumab) und Rinvoq (Upadacitinib).
Ansprechpartner für Fragen zu Arznei- und Heilmitteln:
Abteilung Verordnung und Beratung
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