11/2024 11/2024

Patientensteuerung in der Notfallversorgung

Editorial

Ein wichtiges Ziel, das durch die Notfallreform erreicht werden soll, wird verfehlt: eine effektive Patientensteuerung. Knapp 50 Prozent der Notfall-Patienten in Hamburg machen sich direkt auf den Weg in die Notfallpraxis oder ins Krankenhaus, ohne zuvor die 116117 oder die 112 anzurufen. Viele von ihnen wären in der Regelversorgung besser aufgehoben, werden aber in Strukturen versorgt, die für Notfälle gedacht sind. Das ist teuer und unwirtschaftlich.

Eine Steuerung sollte möglichst früh einsetzen: indem die Patienten dazu verpflichtet werden, zunächst die 116117 zu kontaktieren und sich in die für sie passende Versorgung vermitteln zu lassen. Diesen Vorschlag hat die Regierung leider nicht in den Gesetzentwurf aufgenommen.

Auch mit Einführung von Integrierten Notfallzentren (INZ), wo am Tresen eine Ersteinschätzung zur Patienensteuerung vorgenommen wird, bleiben die Krankenhäuser ohne INZ weiterhin für Patienten offen, die auf eigene Faust als "Notfälle" kommen. Gerade in Hamburg werden das aufgrund der hohen Krankenhausdichte noch viele Häuser sein.

Außerdem sollen die KVen dazu verpflichtet werden, rund um die Uhr einen fahrenden Notdienst und eine Videoberatung anzubieten. Ärzte, die tagsüber Notdienst fahren, sind nicht in ihren Praxen. Ob solche Doppelstrukturen angesichts des Ärztemangels umsetzbar sind, kann nur auf lokaler Ebene anhand der konkreten wirtschaftlichen und kapazitären Gegebenheiten entschieden werden. Eine Verpflichtung, wie sie im Gesetzentwurf vorgesehen ist, ist nicht zielführend.

Inkonsistente Regelungen im Notdienst dürfen nicht zulasten der Ärzte gehen. Als Teil der Daseinsvorsorge ist die Akutversorgung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, muss voll aus Mitteln der Krankenkassen finanziert werden und darf nicht auf die Vertragsärzte und -psychotherapeuten abgeschoben werden.

Caroline Roos,
stellvertretende Vorsitzende der KV Hamburg

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