Vier Fragen zu Paxlovid
Arzneimittel
… beantwortet von PROF. DR. MARTIN SCHERER, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin am UKE und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM)
Wie ist die Wirkweise von Paxlovid?
SCHERER: : Paxlovid ist ein Virostatikum zur Behandlung von Covid-19. Es hemmt die Vermehrung der Viren in den Zellen und reduziert auf diese Weise das Risiko schwerer Krankheitsverläufe. Das Medikament soll bald nach Symptombeginn über einen Zeitraum von fünf Tagen eingenommen werden.
Bei welchen Patientinnen und Patienten kommt der Einsatz von Paxlovid in Frage?
SCHERER: Paxlovid kann bei Erwachsenen eingesetzt werden, die nicht sauerstoffpflichtig sind und ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Ich würde den Einsatz des Medikaments vor allem in Erwägung ziehen bei Patientinnen und Patienten, die mindestens zwei Risikofaktoren für einen schweren Verlauf haben. Dazu gehört zum Beispiel, nicht geimpft zu sein oder trotz Impfung keinen Immunschutz aufbauen zu können oder eine das Immunsystem beeinträchtigende Erkrankung zu haben – oder insgesamt so schwer krank zu sein, dass jede Art von Infekt lebensbedrohlich sein könnte.
Warum wird das Medikament bisher so zurückhaltend eingesetzt?
SCHERER: Problematisch an Paxlovid ist, dass es massive Wechselwirkungen mit vielen anderen Medikamenten hervorruft. Es darf zum Beispiel nicht eingenommen werden zusammen mit Johanneskraut, Carbamazepin, Clozapin und anderen. Und es gibt eine lange Liste von Medikamenten, die nur unter besonderer Vorsicht zusammen mit Paxlovid eingesetzt werden können. Man muss ja auch den gesellschaftlichen Hintergrund sehen: Die Bedrohungslage durch SARS-CoV-2 ist derzeit geringer als vor einem Jahr. Die Omikron-Variante produziert deutlich weniger schwere Verläufe als Delta. Wir haben eine hohe Immunität in der Bevölkerung, weil viele Menschen geimpft und genesen sind. Das alles trägt dazu bei, dass Paxlovid in geringerem Umfang eingesetzt wird als erwartet. Doch man weiß nicht, was noch kommt – deshalb ist es sehr gut, dass wir das Medikament haben.
Hausärztliche Praxen können Paxlovid seit August direkt an ihre Patientinnen und Patienten abgeben. Ist es sinnvoll, das Medikament in der Praxis vorrätig zu haben?
SCHERER: Ich würde das empfehlen, ja. Die Praxis stellt eine Verordnung ohne Namensnennung auf dem Arzneimittelrezept aus. Als Kostenträger gibt sie, wie bei der Bestellung von COVID-Impfstoffen, das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) mit dem IK 103609999 an. Bis zu fünf Therapieeinheiten kann eine Praxis vorrätig halten und im Bedarfsfall an Patientinnen und Patienten abgeben. So ist die Praxis gewappnet für den Fall der Fälle.
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